Hochtour im Großvenediger Gebiet
 

   

Abstieg durch Schneesturm und Nebel

In diesem Jahr hatte Eckhard Pietschmann für die Grafschafter Touren-Gruppe in der Sektion Bocholt die Gletscherwelt in den Hohen Tauern geplant. Wir trafen uns am Sonntag, dem 20.08, am Parkplatz Hopffeldboden  (1510 m) in Neukirchen. Wegen der Aklimatisierung sparten wir uns den langen Anstieg durch das Obersulzbachtal und nahmen ein Taxi bis zu der durch Permafrostabbrüche zugeschütteten Wegestelle (kurz vor der Postalm). Um 14.20 Uhr hieß es dann aber den Rucksack aufnehmen und  bergauf zur  Kürsinger Hütte (2547m. Der Anstieg wurde vom heftigen Gewitter und Regen begleitet, so dass wir uns bemühten,  die ersten 600 Höhenmeter schnell hinter uns zu lassen Die gute Ausstattung der Hütte als auch Speisenfolge ließ uns die Strapazen des ersten  Anstieges und langen Anfahrt schnell vergessen.

 

Am nächsten Tag stand neben Unterweisung in die unterschiedlichen Knotentechniken und Seilsicherungen der erste leichte Anstieg an. Über teilweise tief zugeschneite Wege ging es durch das schroffe Keeskar in Richtung Keeskogel (3291m). Da die Sicht zunehmend schlechter wurde, brachen wir den Aufstieg bei 3100 Hm  und -4°C ab. Eckhard hatte ohnehin noch ein Sicherheitstraining ins Auge gefasst, so dass wir bei sich zunehmend bessernder Wetterlage den Weg zum Einstieg in den Gletscher zum Großvenediger suchten. Hier wurden die Steigeisen und die Hüftgurte angepasst und die von Eckhard vorbereiteten Seile aufgenommen. In einer 4er- (Eckhard, Jürgen, Joachim u. Günther) und 3er- (Peter, Horst und Michael) Seilschaft wurde die ersten Schritte  für den nächsten Tag geplante Gletscherbegehung geübt. Wie wichtig das Sicherheitstraining ist, sollte sich noch die nächsten Tage zeigen. Der erste Kontakt mit zugeschneiten Eisspalten und Schneebrücken  ließ uns gespannt den nächsten Tag  erwarten. Mit gemischten Gefühlen vor den möglichen Gefahren wurde nach dem 3-Gänge-Menu die Herausforderung Großvenediger  durchgesprochen.

 

Am nächsten Tag, dem 22.08., wurde nach Absprache mit dem Hüttenwirt um 06.00 Uhr gefrühstückt und um 06.30 Uhr die Hütte Richtung Gletscher verlassen. Nach Gletschereinstieg um ca. 08.00 Uhr ging es den Gletscher zum Großvenediger hinauf, dem höchsten Punkt unserer Tour. Mit noch ungewohntem Tritt mit Steigeisen gingen wir die vor uns liegenden 1000 Höhenmeter recht zügig an. Man musste nicht nur auf Gletscherspalten achten, sondern auch die Seilspannung zum Vorder- bzw. Hintermann halten. Wenn auch zu Beginn alles nach einem erfolgreichen Tag aussah, stellte sich das Wetter aber gegen uns. Im Anstieg zur Venediger Scharte (3413m) setzte heftiger Eisregen ein. Man konnte weder Gipfel noch Spuren ausmachen. Unser Hauptziel, die Besteigung des Großvenedigers  (3667m) musste aufgegeben werden. Um ca. 13.00 Uhr hatten wir die 3500 Höhenmeterlinie erreicht. Wie aber herunterkommen, wenn weder Spur erkennbar noch andere sichtbare Orientierungspunkte fehlen. Hier sind Erfahrungen unabdingbar. Eckhard und Peter orientierten sich anhand der Karte, Kompass und Höhenmesser. Nach Umgehung einiger gefährlicher Spalten erreichten wir gegen ca. 14.10 Uhr sicher den Gletscherausstieg in Richtung Defreggerhaus. Wenn auch alle enttäuscht waren, dass man so kurz vor dem Gipfel wetterbedingt aufgeben musste, durften wir froh sein,  trotz des schlechten Wettereinbruchs  die Gletscherwelt zum Großvenediger gemeistert zu haben. 3500m ist ja auch nicht zu verachten. Wir erreichten gegen 15.15 das Defreggerhaus (2962m). Wenn auch die Hütte nicht den besten Ruf genießt,  blieben wir hier.  Die Gerüchte über diese Hütte ließen einige gewohnte Standards  infrage stellen. Wir können diese Gerüchte  nicht teilen. Lager und Verpflegung waren schon in Ordnung. Die Hütte liegt übrigens auf der Höhe der Zugspitze, des höchsten deutschen Berges.

 

Am 23.08. ging es hinab in Richtung Johannishütte (2121m). Bei strahlendem Sonnenschein, den imposanten Großvenediger im Rücken, stiegen wir kurz vor der Johannishütte  bei 2200m  in Richtung Türmljoch (2722m) auf. Die Mittagspause auf dem Türmljoch war willkommen (760m runter und 520m rauf). Während wir unser Brotzeit  einnahmen, versuchte sich eine andere Gruppe im Klettersteig zum Türml. Der Rest des Tages war schell geschafft. Die Essener-Rostocker Hätte (2208m) erreichten wir  nach erneutem Abstieg über 5oom um 15.15 Uhr. Rückblickend wohl der leichteste Tourentag. Verpflegung und Lager waren  sehr gut.

 

Am 24.08. stand die nächste Gletscherbegehung an. Erstes Ziel war das Mauertörl (3108m). Um ca. 10.30 Uhr stiegen wir bei 2750m in den Gletscher ein. Der Anstieg war steil, aber ohne große sichtbare Spalten bei noch strahlendem Sonnenschein schnell geschafft. Um 12.15 Uhr erlaubten wir uns wegen aufkommender Wolken nur eine kurze Pause auf dem Joch. Ohne Steigeisen ging es den Gletscher hinab in Richtung Gamsspitzl (2888m). Hier brach Horst  zwei  Mal in zugeschneite Spalten ein. Dank gesicherter Seile konnte er nicht tief einbrechen. Seine später geschilderten Eindrücke der Einbrüche lassen vermuten, dass man das trotz geführter sicherer Seilschaft nicht so einfach wegsteckt. Bevor wir zur Warnsdorfer Hütte (2336m) abstiegen, nahmen wir nach dem Gletscherausstieg (2270m) noch eben die Gamsspitzl mit. Die Hütte  erreichten wir ca. um 15.00  Uhr. Gerade noch rechtzeitig vor einem stark einsetzenden Regen- und Schneefall. Wenn wir uns bei den anderen Hütten auch nicht über Unterkunft und Verpflegung beklagen können, wurden wir auf dieser Hütte mit erstklassigem Nachtisch und Nachschlag bei der Hauptmahlzeit verwöhnt.

 

Am 25.08.ging es dann wieder hinauf zur Gamsspitzl. Aufgrund des nächtlichen Schneefalls konnten anfangs keine Spuren ausgemacht werden. Der viele Schnee ermöglichte einen Abstieg am Seil. Ohne Schnee hätte jeder für sich verantwortlich den aperen Gletscher überqueren müssen. Von ca. 10.30 bis 12.00 Uhr wurde der Gletscher überquert  Jetzt lag nur noch eine langer Weg ins Obersulzbachtal vor uns. Erst ging es durch ein steiniges Geröllfeld den Gletscherweg hinunter. Im Obersulzbachtal lag ein langer Fußmarsch bis zur Berndlalm  vor uns. Bei gutem Essen wurden nochmals die Tourerlebnisse besprochen. Horst bedankte sich mit einer Runde für die excellente Seilsicherung. Eckhard war schon gedanklich bei einer Tourplanung für das nächste Jahr. Am nächsten Tag brachte uns der Hüttenwirt zu unserem Parkplatz zurück.

 

Es hat allen wieder viel Spaß gemacht.

 

Danke Eckhard                                                                                                                                Joachim Walles